Montag, 6. August 2012

Der erste Tag Ulpan

Hey!

Nachdem wir den gestrigen Tag in einer Kneipe direkt neben dem Wohnheim haben ausklingen lassen, hieß es heute morgen um 9 Uhr aufstehen: die erste Hebräisch-Stunde stand auf dem Plan. Den Einstufungstest hatte ich bereits gestern mit den Worten "Shalom, I don't speak a word" erfolgreich absolviert - kein Wunder also, dass ich im Anfängerkurs gelandet bin. Dort ging es dann auch gleich richtig zur Sache. Unsere Lehrerin begrüßte uns mit ein paar einleitenden Sätzen auf Englisch und danach wurde nur noch Hebräisch gesprochen. Trotzdem konnte ich alles besser verstehen, als zuvor gedacht. Heute ging es hauptsächlich darum, dass man schon ein bisschen Konversation führen kann. Wir haben also gelernt, wie man sagt "Ich heiße Anna, ich komme aus Deutschland, ich bin in Beer Sheva, um Hebräisch zu lernen" und so weiter und so fort. Da wir uns nichts aufschreiben durften, hoffe ich, dass ich bis morgen nicht wieder alles vergessen werde. Die meisten TeilnehmerInnen in meinem Kurs kommen aus den USA, aber es gibt auch einzelne Leute aus der Schweiz, China, Frankreich oder Tschechien bzw. natürlich auch ein paar Deutsche. Ich bin froh, dass ich in genau diesem Kurs gelandet bin (es gibt mehrere Anfängerkurse), weil dort auch die StudentInnen sind, die nach der Sommeruni noch hier bleiben, um ihr Auslandssemester zu machen. Ist ja vielleicht nicht verkehrt, wenn ich von den Leuten auch schon ein paar kennenlerne - schließlich werden wir noch fünf Monate miteinander verbringen.
Nach dem Hebräischkurs hatten wir erst noch ein bisschen Pause, in der wir uns gemütlich auf eine der vielen Liegewiesen gelegt haben. Danach gab es ein paar Infoveranstaltungen über Handyverträge, Krankenversicherungen und schließlich auch über die Sicherheit auf dem Gelände und in ganz Beer Sheva. Wir haben gelernt, dass wir, wenn die Sirene losgeht, noch etwa sechzig Sekunden Zeit haben, um uns einen sicheren Ort zu suchen. Der sichere Ort muss nicht unbedingt einer der vielen Bunker sein - man sollte nur darauf achten, dass man nicht in der Nähe eines Fensters oder einer Außenwand sitzt, sondern möglichst im Inneren des Gebäudes oder im Treppenhaus des Wohnheims. Sogar die Duschen sollen raketensicher sein. Als uns das alles erzählt wurde, war es schon ein wenig beklemmend. Ich hoffe, dass ich nicht so viele Erfahrungen damit sammeln muss, aber es wird mit Sicherheit früher oder später die Sirene ertönen. Jetzt weiß ich ja wenigstens, wie ich mich dann zu verhalten habe. Letzte Nacht kam es auch wieder zu Auseinandersetzungen an der Grenze zum Gaza-Streifen. Ich konnte bisher noch nicht genau rausfinden, was dort passiert ist. Terroristen haben versucht, nach Israel einzudringen, aber viel mehr habe ich noch nicht gefunden. Es ist komisch zu wissen, dass das alles nur 40 km von hier entfernt passiert.
Nach dem Sicherheitstreffen gab es eine Führung über den Campus, auf dem ich mich immer noch nicht richtig orientieren kann. Es sieht einfach alles so ähnlich aus und das ganze Gelände ist riesengroß. Aber ich denke, in ein paar Tagen werde selbst ich langsam verstehen, wie ich wo hinkomme.
Nach der Führung haben wir noch ein bisschen Zeit gehabt und dann hatten wir ein Orientierungstreffen, auf dem wir dann auch einen Veranstaltungsplan für die folgenden Wochen bekommen haben. Es sind sehr interessante Vorlesungen und Workshops mit dabei. Vor allem freue ich mich auf "Dichtung, Politik und literarischer Antisemitismus - Der Fall Günter Grass" und auf "Football and Politics in Israel". Es gibt auch Veranstaltungen, unter denen ich mir noch nicht so viel vorstellen kann, wie z.B. "Is it kosher? Zombies and the Jewish Problem". Aber ich werde dann ja schnell merken, was mich erwartet. Es stehen in den nächsten Wochen auch ein paar Ausflüge an, z.B. nach Jerusalem oder ans Tote Meer. Ich gehe also davon aus, dass es nie langweilig werden wird. Wie ich neben all den Veranstaltungen noch meine Hausaufgaben erledigen soll, ist mir bisher ein Rätsel!
Das Programm heute ging dann auch bis etwa 20 Uhr und in den Pausen zwischendurch hatte ich auch nicht wirklich Zeit, etwas zu essen. Deswegen kam ich eben hungrig und müde und ein bisschen überfordert zurück ins Apartment. Kochen möchte ich noch nicht, weil ich meine israelische Mitbewohnerin seit gestern morgen nicht mehr gesehen habe (vermutlich ist sie zu irgendwelchen Freunden geflüchtet) und die ganzen Küchenutensilien ihr gehören. Ich weiß nicht, ob sie begeistert wäre, wenn ich einfach ihr Zeug benutze. Ich werde es hoffentlich noch herausfinden.
Eigentlich wollte ich heute ein paar Fotos vom Unigelände machen, aber ich hatte meine Kamera liegen lassen und bin den ganzen Tag auch nicht mehr ins Wohnheim gekommen. Deswegen bekommt ihr jetzt ein Bild von meinem wunderbaren Zimmer zu sehen, damit ihr euch vorstellen könnt, warum ich zuerst nicht so begeistert war! Ich glaube aber, man gewöhnt sich daran. Heute war alles schon nicht mehr so schlimm wie gestern.


So, das ist es. Klein, aber nicht fein. Aber vielleicht finde ich auf dem wöchentlichen Beduinenmarkt noch ein bisschen Deko-Ramsch und kann es mir ein bisschen gemütlicher machen. Hauptsache es gibt eine Klimaanlage, denn ohne könnte ich vermutlich überhaupt nicht schlafen!

Apropos schlafen... ich gehe jetzt gleich auch mal ins Bett, denn morgen geht es schon um 9 Uhr los mit dem Hebräisch-Unterricht und bisher hatte ich nicht wirklich viel Schlaf.
Ich meld mich wieder und hoffe, euch geht es allen gut!
Bis dahin!


3 Kommentare:

  1. Ah, das hat fast die Größe von meinem Zimmer in Buenos Aires. Klatsch dir ganz viele Bilder (von uns) an die Wände, das istgünstig, geht schnell und hilft viel ;)

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  2. ...man gewöhnt sich an alles- wie wir gelernt haben ;) und Zeit zum eingewöhnen hast du ja genug! Es ist seltsam deine Berichte zu lesen und nicht dabei zu sein :P Tona

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  3. Hi Anna,
    schön so viel von dir zu hören! Das Zimmer sieht zwar unpersönlich aus, aber mit der Zeit fällt dir
    da schon was ein.
    Mit den Küchenutensilien solltest du nicht so schüchtern sein. Schließlich machst du sie ja auch wieder sauber. Kannst dir aber auch mal 2 oder 3 Töpfe kaufen.
    Bin für heute total geschafft und müde. Melde mich morgen mal richtig. Schlaf schön!!!!!!!!

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